historische Wupperbrücke in Opladen

Der heutige Leverkusener Ortsteil Opladen, in dem sich das Amtsgericht Leverkusen befindet, war bis zur kommunalen Neuordnung von 1975 eine selbständige Gemeinde mit einer langen Tradition als Sitz eines Gerichtes.

Bereits um 1350 befand sich im Opladener Ortsgebiet das "Amt Miseloe". In diesem waren für die heute zur Stadt Leverkusen gehörenden Ortschaften Opladen, Neukirchen, Lützenkirchen mit Steinbüchel, Wiesdorf, Schlebusch und Bürrig sowie für Leichlingen, Burscheid und Witzhelden ein "Dinger" und zwei Schöffen tätig.

Klangvolle Namen wie Johann Drieß (1568), Johannes Nesselrath (1610), Reinhard von Metternich (1625), Junker Johann Degenhart von Hall (1632) sind urkundlich als Richter verzeichnet. In Opladen war zudem der für die Rechtspflege im Mittelalter äußerst wichtige Gerichtsschreiber ansässig, ohne dessen Rechtskunde weder die Rechtssuchenden noch das Gericht auskamen. Im Jahre 1768 war zudem beim Amt Miseloe auch ein Advokat tätig: Rat Deycks, dessen Name heute eine Straße in Opladen trägt.


Das Rittergericht zu Uplaeden

Daneben befand sich aber bereits seit etwa 1380 "up di steine zo Uplaeden" das höchste Gericht des Bergischen Landes, das seinen Namen von seinen Landesherren, den Grafen von Berg hat, die später den Herzogtitel erlangten. Aus dem Grafengericht ging dann das Rittergericht hervor, dessen Befugnisse sogar den Blutbann über die Ritterschaft umfasste. Weiterhin war es das Hauptlandesgericht über die Hauptgerichte Porz und Kreuzberg. Als Richter fungierte der Herzog von Berg, unterstützt von insgesamt 72 Schöffen. Grundlage der Rechtsprechung war "altes Gewohnheitsrecht", das 1555 von der neuen "Jülich-Bergischen Rechtsordnung" abgelöst wurde.

Am 08.11.1559 fand die letzte Sitzung des Rittergerichtes zu Opladen statt. Seine Funktion und Befugnisse gingen auf den "Hofrat" des Herzogs über.


Vom Amt Miseloe zum Friedensgericht Opladen

Der Fortbestand des Amtsgerichts Miseloe war dadurch jedoch nicht berührt. Eine entscheidende Wende brachte hier Napoleon Bonaparte. Im Zuge der neuen französischen Territorialeinteilung, bei der das Herzogtum 1806 an Napoleon fiel, wurde aus dem Amtsgericht in Miseloe das Friedensgericht Opladen. Anzuwendendes Recht war nunmehr der "Code Napoleon" vom 1.1.1810, der noch bis in die heutige Zeit in Ausnahmefällen, etwa bei alten Wegerechtstreitigkeiten, Gültigkeit haben kann. Der Gerichtsbezirk umfasste 1813 die Orte Opladen, Burscheid, Schlebusch und Witzhelden mit insgesamt 15.672 Einwohnern, die auch Gerichtseingesessene genannt wurden.

Historische Landkarte von 1834

Anlässlich der Gründung des Landgerichts Elberfeld (heute Wuppertal) im Jahre 1834 sollte auch Opladen diesem neuen Gerichtsbezirk zugeschlagen werden. Nach heftigem Streit verblieb Opladen jedoch beim Landgericht Düsseldorf, weil Opladen an der direkten, sehr stark frequentierten Straße zwischen Köln und Düsseldorf lag, während die Kommunikation und Verbindung mit Elberfeld nur über Um- und Nebenwege lief. So kam es zu einer Einteilung der Gerichtsbezirke und Zuständigkeiten, die viele Jahrzehnte fortdauerte und zum Teil noch heute Gültigkeit hat. Zum Friedensgericht Opladen gehörten zu diesem Zeitpunkt die Orte Leichlingen, Burscheid, Schlebusch, Opladen, Richrath und Monheim mit insgesamt 29.851 Gerichtseingesessenen. (Die beiden letztgenannten Orte gehören heute zum Amtsgericht Langenfeld; zudem wechselte Leverkusen im Jahr 1975 vom Oberlandes- und Landgerichtsbezirk Düsseldorf zum Bezirk Köln.)


Das Amtsgericht Opladen

1879 wurde das Friedensgericht Opladen umgewandelt in das Amtsgericht mit den Gemeinden Burscheid, Hitdorf, Leichlingen, Monheim, Neukirchen, Opladen (Stadt und Land), Richrath, Schlebusch und Witzhelden. Hinzu kam 1879 ein Gewerbegericht.

Für das folgende Jahrhundert stets aktuell klingt ein Bericht des Amtsgerichtsrats Schäfer vom 29.12.1880, das Amtsgericht sei in unzureichenden Räumlichkeiten untergebracht. Er beklagte, der Gerichtsschreiber sei wegen zu vieler Klagen "zu Protokoll" überlastet. Kummer bereiteten damals die zahlreichen Holzdiebstahlssachen, ähnlich wie heute die Richterschaft über die vielen Rauschgiftdelikte und Bußgeldverfahren in Verkehrssachen klagen.


Das Gerichtsgebäude

Amtsgerichtsgebäude um 1880

Das Amtsgerichtsgebäude Gerichtsstraße 9 wurde zwischen 1880 und 1883 errichtet und zweimal, nämlich von 1911 bis 1914 und von 1965 bis 1968 erweitert. Die Zahl der Gerichtseingesessenen stieg von 51.113 um 1900 auf 298.162 im Jahre 1968. Wegen der völlig unzureichenden Raumverhältnisse mussten vier Nebenstellen in angemieteten Gebäuden in der näheren Umgebung untergebracht werden. In gleicher Weise stieg auch die Anzahl der Bediensteten. Während um die Jahrhundertwende insgesamt 15 Personen, davon vier Richter am Amtsgericht tätig waren, erhöhte sich die Zahl nicht zuletzt wegen der stetig zunehmenden Aufgaben im Jahre 1966 auf 103 Bedienstete, davon 15 Richter.

Entsprechendes gilt für die Anwaltschaft. Im Jahre 1948 gab es im Leverkusener Gerichtsbezirk 14 Rechtsanwälte, 1968 waren es 83.  2010 standen 19 beim Amtsgericht tätigen Richtern und 120 Beschäftigten über 100 für den hiesigen Gerichtsbezirk zugelassene Rechtsanwälte gegenüber.

Die zuletzt 1968 abgeschlossene Erweiterung des Gerichtsgebäudes schaffte zwar ausreichend Raum für die Bediensteten, erwies sich in der Folgezeit jedoch als technisch unzulänglich. Insbesondere fehlte jegliche Wärmeisolierung der Außenfassade und des Dachs; auch die Fenster wiesen nach kurzer Zeit schwerwiegende Mängel auf, deren Beseitigung sich die Lieferfirma durch Konkurs entzog. So brauchte es bis zum Jahre 2002, bis umfangreiche Sanierungsarbeiten ihren offiziellen "vorübergehenden" Abschluss fanden. Wie bei öffentlichen Gebäuden nicht selten zeigten sich jedoch wenige Monate später bereits die ersten gravierenden Sanierungsmängel. Schwere Regenfälle setzten die Sitzungssäle unter Wasser, weil das neue Dach und die Regenrinnen gar zu sparsam konstruiert waren. Eine Grundsanierung dieser Räume ist unumgänglich. Irgendwann werden auch die völlig durchfeuchteten Kellerräume trockengelegt werden müssen, die als Lagerraum für tausende von Akten dienen. Wenn wieder Geld da ist .... .


Die Behördenleiter

Im Laufe seiner Geschichte hat das Amtsgericht Leverkusen eine Vielzahl von Behördenleitern erlebt. Seit 1892 wirkte der geheime Justizrat Johann Menzen als Amtsgerichtsrat, der 1905 zum aufsichtführenden Richter ernannt wurde. Er wurde 1924 durch den Amtsgerichtsdirektor Johannes Rössmann abgelöst. Da dieser die Übertragung einer "Führerrede" im Amtsgerichtsgebäude unterlassen hatte, kam es zu Diskrepanzen, die schließlich 1939 zu seiner Versetzung führten. Nachfolger im Amt wurde Amtsgerichtsrat Runkel bis 1944, danach bis 1945 Amtsgerichtsrat Winter.

Das Amtsgericht im Jahr 1990

Nach dem Stillstand der Rechtspflege vom 15.04. bis zum 06.09.1945 setzte die englische Besatzungsmacht den Amtsgerichtsrat Dr. Schwieren als Behördenleiter ein. Dessen Nachfolger wurde am 01.01.1947 Amtsgerichtsdirektor Johannes Schmitz. Nach seiner Pensionierung im Jahre 1966 erhielt Dr. Wilhelm Schmitz-Beuting die Position des Behördenleiters. Ihm folgte am 01.07.1985 Dr. Klaus Türpe. Eine seiner letzten wichtigsten Aufgaben bestand in seinem Bemühen um die Renovierung des maroden Gerichtsgebäudes. Die entscheidenden Arbeiten leitete er nach zähen Verhandlungen in die Wege.

Ihren vorläufigen Abschluss fanden die Arbeiten unter seinem Nachfolger Hermann-Josef Merzbach. In seine Amtszeit ab dem 01.07.2000 fielen auch die vollständige Ausstattung des Gerichts mit moderner Informationstechnik und die damit einhergehenden strukturellen Änderungen, insbesondere der gerichtlicher Arbeitsabläufe. Daneben trieb er - gemeinsam mit dem Bau-und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen als mittlerweile neuem Eigentümer - die umfassende Sanierung des sog. Altbaus aus dem Jahr 1911 voran, die Ende 2015 abgeschlossen werden konnte. Die öffentliche Diskussion zur Frage eines Neubaus zeigte dabei die besondere Verbundenheit der Bevölkerung mit "ihrem" Gericht.

Ein fast schon baustellenfreies Gebäude konnte er sodann bei seiner Pensionierung zum 01.12.2016 seiner Nachfolgerin, der aktuellen Direktorin Frau Dr.jur. Ruth Reimann, übergeben.